Falsch oder richtig abgebogen? – Gibt es das?

In den letzten Wochen war es, außer einige Statusmeldungen in WhatsApp und Instagram, ruhig um mich. Es hat sich auch mittlerweile sehr viel getan und alles werde ich in diesem Eintrag nicht rein packen können. Jeder Tag könnte mit einem ganzen Blatt füllen. Wo fange ich an?

Der Jakobsweg

Am 21. August entschied ich mich den Jakobsweg zu gehen, wie ich es auch kurz in einem Eintrag erwähnt habe. Er hatte einige Rechtschreibfehler, dafür möchte ich mich schon einmal entschuldigen. Das Korrekturlesen kam hier zu kurz… 😀 Ja, zurück zum Jakobsweg. Wie Ihr im Betreff schon herauslesen könnt traf ich hier eine wegweisende Entscheidung, denn ich lies mein Fahrrad zurück und bestellte meinen Rucksack, Wanderschuhe und Stöcke. Voller Motivation und Freude auf das Wandern ging es über die Pyrenäen nach Spanien. Ein Land, das ein kompletter Tapetenwechsel für mich war. Hier, wo sonst Hunderte Menschen aus verschiedenen Ländern und Kontinenten an das eine glauben und den Weg zusammen gehen, ist es leer und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass nur noch der typische Einspann in einem Westernfilm mit einer Windrose gefehlt hat. Diese Szene, wenn ein Revolverhelden in ein Dorf reitet und alle sich im Haus einschließen. Umso weiter ich mich von den Pyrenäen und Navarra entfernte war dies so. Ich traf zwar hier und da mal einen Pilger und konnte mit Norbert (58) aus dem Allgäu ein paar Tage zusammen laufen, aber wie oft war ich alleine oder wir zu zweit in einem Matratzenlager untergebracht… Die Menschen sind herzlich, aber man merkt ihnen an, dass die Pilger und somit das Geld fehlt. In jedem Ort hat mindestens eine Herberge geschlossen und jede hat die Preise erhöht und selten bekommt man ein gemeinsames Abendessen. Dieser Flair, der diesen Weg ausmacht ist durch Corona leider ausgelöscht, dass kann man wirklich so sagen. Einzelne Menschen probieren die Flamme am Leben zu halten und genau die sind es, die für mich den Jakobsweg geprägt haben und auch diese Reise bereichert haben. Nach den ersten beiden Tagen in den Pyrenäen war ich begeistert von der Natur. Auch später noch, waren die Ausblicke auf die Bergketten in Spanien sehr schön. Leider ging mir persönlich der Weg zu sehr an belebten Straßen entlang, teilweise sogar an Autobahnen. Wie Ihr schon merkt spreche ich vom Jakobsweg in der Vergangenheit. Ja, ich habe ihn im Burgos nach 200km verlassen. Warum?

Am Anfang war der Drang, dass ich jetzt bis Portugal gehen werde und dort überwintern kann oder zumindest die „Rota Vicentina“ wandern kann. Dieser Weg ist neben dem „Pacific Crest Trail“, der Weg den ich gehen will! Es ist ein Weg an der portugiesischen Atlantikküste entlang, südlich von Lissabon. Der Drang war so stark, dass ich den Jakobsweg nur als Zwischenstation sah und als mein Rucksack nicht ankam, musste ich lernen und realisieren, dass ich innerlich gerade auf dem „Holzweg“ bin. Warum muss ich den Weg jetzt unbedingt erreichen? Er war als Ziel von einer großen Reise gedacht, die in Italien anfangen sollte. Er ist kein langer Wanderweg und ich kann ihn jederzeit in einer Urlaubsreise erfüllen und dann ist Portugal aktuell nicht so offen gegenüber Spanien und den Grenzen, sodass ich Angst hatte jetzt einen Weg zu laufen, der mich gar nicht an das eigentliche Ziel brachte. Ich muss nicht nach Santiago und einen vollen Pilgerausweis haben. Ich habe mir auch nie eine Muschel gekauft. Für mich war das nicht das Ziel… Dann, als ich das Paket kam und neben einem tollen Lesestoff von meiner Schwägerin und einem Bild von meinem kleinen Neffen Benni, kam ich ins Grübeln. Ich fragte mich mehrere Tage und Nächte, was das richtige ist. Mein Herz machte mir deutlich, dass es Zeit ist heim zu kehren und die Rückkehr selber in die Hand zu nehmen und langsam anzukommen. Ich kann es riskieren um dann in Winter per Flieger oder Zug vor der Haustüre ausgespuckt zu werden. Meine Mutter weiß noch ganz genau, wie ich die ersten Tage nach meiner Rückkehr drauf war. Das will ich nicht nochmal. Ich will heim laufen. Langsam zu Hause ankommen um Zeit zu haben diese Reise, welche ein grandioser „Plan B“ war, zu realisieren!

Meine Freunde habe ich seit mehr als 7 Monate nicht mehr gesehen. Ich hatte immer nur die 3 Monate im Kopf die ich unterwegs bin mit dem Fahrrad, aber Raboldshausen, meinen Fußballverein und meine Familie und Freunde habe ich schon seit längerem nicht mehr gesehen! So entwickelte sich der Wunsch und ich lies mir die Zeit und entschied dann in Burgos heim zu fahren mit dem Zug. Als ich französischen Boden betrat und ich vom spanischen Taxifahrer in französisch angesprochen wurde, realisierte ich wie sehr ich mich hier wohlgefühlt habe. Die Fahrt nach St. Jean-Pied-de-Port war eine besondere, da ich viele Orte wieder erkannte!

Auf meine Geschichten vom Jakobsweg werdet ihr noch warten müssen, aber der letzte Abend und der Vormittag vor der Abreise beschreibt die Menschen, die man dort trifft. Als ich in meiner Herberge eintrat wurde ich mit einem herzlichen „Bonjour“ begrüßt und gleich wurde mir ein Zimmer angeboten und ob ich mit essen möchte, denn in 30 Minuten gibt es Essen. Patricia, eine Italienerin aus dem Aostatal, sprudelte nur vor Herzlichkeit. Ich fühlte mich sofort wohl! Mit mir waren noch ein Sizilianer aus Palermo und seine Freundin aus Norditalien. Klingelt es bei jemanden? Wer meine Geschichte kennt, weiß, dass das Aostatal mit seinem Matterhorn in 2018 sehr speziell war und auf Sizilien meine Reise anfing. Nach ein paar Minuten war ich im Italienischen drin und anstatt Englisch wurde viel Italienisch am Tisch gesprochen. Ich habe es noch nicht verlernt! Yes!!! Das Essen war mit Spaghetti, Maccaroniauflauf und Salat natürlich ein Traum! Auch wenn ich müde war, war das der perfekte Abschluss. Ein älterer Engländer, der Unternehmer war bis vor einem Jahr und in Südafrika lebt, lief den Weg letztes Jahr, nachdem er seine Firma verkaufte und diesen Sommer hilft er anderen Pilgern und genießt die Gesellschaft und die Pyrenäen. Es wurde spät… Am nächsten Morgen frühstückte ich lange mit Patricia und ging ins Pilgerbüro. Dort wurde ich mit so einer Freude empfangen, weil ich ein Pilger war der zurückkam. Es kommt nicht darauf an, wo man den Weg beendet, sondern zu begreifen wie die Menschen « ticken » und das mit nach Hause zu nehmen und weiterzugeben. Mein Baby (Fahrrad) war heil und ich begrüßte es mit Freude. Mit einem älteren Mann aus Rottenburg und ein junger Kerl aus Dinkelsbühl traf ich mich noch kurz und gab Tipps für den Weg. Ich registrierte hier mit welch einer Freude ich auf die Menschen zu ging. Ich meine, ich war schon immer unbeschwert, aber so leicht und frei wie ich mich aktuell fühle ist es noch einmal mehr. Das Leben ist da draußen und nicht in einem Büro oder in einer Fabrik. Diese Zeit, die ich für mich hatte kommt nie mehr zurück und ich werde mich mein Leben lang erinnern und von den Geschichten, Freundschaften und Bildern ewig zehren! Leider passte mein Rucksack nicht auf mein Fahrrad und ich hätte so nicht fahren können, da ich kein Trekkingfahrrad mit Gepäckträger habe. So ging es mit dem Zug nach Bayonne. Der Plan war über Toulouse und Lyon ins Elsass zu gelangen. Leider ist das mit einem Fahrrad nicht möglich und so suchte ich verzweifelt in der Post um Rat. Sie haben leider kein so großen Karton aber verwiesen mich an einen kleinen Baumarkt ein paar Straßen weiter. Dort angekommen, begrüßte mich Gonzo und er war sofort offen mir zu helfen. Leider hatte auch er nichts zum verpacken und so bot er mir an das Fahrrad abzustellen es versandfertig zu machen und per DHL abholen zu lassen. Er und seine Kollegen bekamen 10€ für die Kaffeekasse und ich vertraue ihm, dass es funktionieren wird. Eines habe ich gelernt, dass man sich auf seine Menschenkenntnis nach mehreren Wochen auf einer Reise, verlassen kann. Ich wurde nie enttäuscht! Erneut stand ich im Bahnhof und fragte nach der besten Verbindung ins Elsass und dann war da die Verbindung Bayonne – Straßburg, welche ich morgen nehmen kann. Ich sagte zu und verbrachte den Abend im schönen baskischen Küstenort Bayonne. Jetzt liege ich gerade im Bett nur ein paar Kilometer von Deutschland entfernt und genieße 2 Tage hier in dieser Stadt!

Manchmal muss man im Leben einen Weg gehen um zu realisieren, was wirklich dran ist und erneut abbiegen. Ich bin froh über die Erfahrung und bin der Meinung, dass es wichtig war sich zu trauen, denn ansonsten hätte ich für immer gegrübelt und gedacht: « Hätte ich es doch probiert! ». Wieder einmal zeigte sich, dass man auf sein Herz hören soll und wenn es 2 Wochen später sagt: « Das wollte ich dir zeigen, jetzt entscheide du, ob du weiter willst oder nicht. » 😉

Wie geht es weiter?

Ganz ehrlich? Wenn ich eines gelernt habe ist planen scheiße. 😀 Nein, natürlich musste ich organisieren, dass jemand meine Fahrradtaschen einpackt und nach Hause nimmt. Andi, mein alter Arbeitskollege, sagte zu und wir treffen uns am Samstag um eine der fehlenden 2 Etappen des Pfälzer Weinsteig zu wandern. Am Sonntag werde ich kurz meiner Mama „Hallo“ sagen, meine Sachen waschen und eine lange Unterhose einpacken. 😀 Wie es dann heimwärts geht und über welche Umwege entscheide ich spontan. Aufjedenfall werde ich noch ein paar Kilometer sammeln und in Ruhe heim laufen! Doch ich werde nicht einfach heim laufen, nein, ich habe klare Ideen in meinem Kopf wie ich die Zeit nach dieser Reise angehen will. Die Reise ist jedoch nicht zu Ende, im Januar 2019 startete mein neuer Lebensabschnitt „Footsteps for Happiness“, auch wenn das Fahrrad nun hauptsächlich als Fortbewegungsmittel genutzt wurde, ist dieser Slogan das Motto für diesen neuen Lebensweg! Sozusagen hat dieser erst gerade begonnen. Die Ideen, für diesen Winter und 2021 sind im Kopf und warten darauf angegangen zu werden. Dass fängt ab morgen an, indem ich mir persönlich einen Traum erfülle und die unzähligen Geschichte in den nächsten Wochen auf Papier bringen werde. Neben diesem einzigartigen Projekt, werde ich Kalender erstellen, welche gekauft werden können. Vom Teil des Erlös werde ich für « Weihnachten im Schuhkarton » ein paar Päckchen packen. Doch dazu später mehr. Würde mich freuen, wenn ein paar dieser Kalender unter einem Weihnachtsbaum liegen und ich mit meinem Bilder anderen eine Freude machen kann und gleichzeitig sich Kinder über ein Weihnachtsgeschenk freuen! Was ich über den Winter vorhabe und was nächstes Jahr im Kopf angedacht ist, werdet ihr noch früh genug erfahren. 😉

Also, seid gespannt auf die nächsten Bilder mit dem Herbst in Deutschland! Ich freue mich schon auf diesen Moment, wenn ich den ersten Weg erkenne und ich Schritt für Schritt näher zu meiner Heimat komme. Wo ich in Zukunft landen werde, weiß ich noch nicht, aber die Heimat bleibt! Das Bild vor meinem inneren Auge, wenn ich auf der Anhöhe stehe und den „Dure“ (Kirchturm) sehe, bekomme ich schon Gänsehaut!

Wer mal ein Wochenende frei hat und mit mir draußen sein will und die Geschichten frisch hören will, darf sich gerne melden. Die Ausrede, dass es zu weit weg ist, zählt nun nicht mehr. 😉

Hier noch ein paar Bilder aus den letzten Wochen:

Bis dann,

Euer Michi

P.S. Am Anfang steht der Mut und am Ende das glücklich sein!

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